Der lange Weg zum internationalen Fußball - UEFA Cup

Rückblick Sommer 1991 -  die DDR gab es seit 2 Jahren nicht mehr ! die DDR Mark gab es seit einem Jahr nicht mehr ! in der Bevölkerung der ehemaligen DDR herrschten eine ungeheure Begeisterung und Euphorie - kaum jemand interessierte sich noch für Ost-Fußball. Die Zuschauerzahlen brachen bereits in der Saison 90/91 dramatisch ein. Alle wollten nur noch Reisen - die Welt stand allen offen ! und konsumieren und sich alle den West Luxus zulegen. Nun gab es ja Alles. Die Kehrseite trat aber auch schon offen zu Tage. Die DDR Betriebe mussten massenhaft schließen - zu marode, nicht konkurrenzfähig, kein Markt mehr vorhanden usw. Die Arbeitslosigkeit im Osten stieg teilweise auf 50 % an ! Immer mehr Menschen hatten Existenzängste. Die bundesdeutsche Demokratie funktionierte noch nicht. Plötzlich mussten sich alle mit Dingen befassen, die es nie zuvor gab - Versicherungen ? , Steuererklärungen ? Reisepässe ? Visum ? Geld anlegen?  Krankenkassen ?  usw.  Polizei und Behörden waren völlig überfordert. Man sprach auch vom "Wilden Osten". Zusätzlich setzte eine riesige "Fluchtbewegung" vom Osten in den Westen Deutschlands ein, die fast 20 Jahre anhalten sollte. Unmengen an vor allem jungen Leuten verließen die Gebiete der ehemaligen DDR, darunter natürlich auch viele junge, männliche Fußballfans, um im Westen ihr Glück zu suchen. All dies beschäftigte die Menschen hier in der ehemaligen DDR - nur eben der gute alte DDR Fußball nicht mehr.

So oder so ähnlich war es auch beim FC Rot-Weiß Erfurt. Die Saison 1989/90 hatte man als 11. beendet mit gerade mal einem Punkt Vorsprung auf die Abstiegsplätze. Der Zuschauerschnitt 89/90 bei 13 Heimspielen betrug gerade einmal 5607 Zuschauer ! bei 72.900 Gesamtzuschauern. 2017 (3. Liga) hatten wir bei 19 Heimspielen mehr als 100.000 Zuschauer !! In die Saison 90/91 starteten wir eigentlich chancenlos. Es sollte 8 Plätze für die Bundesligen geben -  Platz 1 und 2 für die 1. Bundesliga, Platz 3,4 und 5 direkt für die 2. Bundesliga und 3 weitere Relegationsplätze. Unser RWE startete geradezu sensationell in diese Saison gewann das 1. Heimspiel gegen den FC Berlin (ehemals BFC Dynamo) mit 4:0, dann ein Auswärtssieg in Halle und ein 0:0 gegen den Chemnitzer FC. Nach 3 Spielen hatte man also bereits 7 Punkte ! Leider folgten danach 2 Ausrutscher, die uns am Ende der Saison sogar die 1. Bundesliga kosteten ! man verlor beim späteren Tabellenletzten Victoria Frankfurt/Oder (1:4) und zu Hause gegen den späteren Tabellendrittletzten FC Sachsen Leipzig (0:2). Danach rappelte sich die Mannschaft wieder auf. Gute und sehr gute Ergebnisse wechselten mit kleinen Rückschlägen. In der Rückrunde konnte man sich aber im oberen Tabellendrittel festsetzen. Hansa Rostock eilte an der Tabellenspitze von Sieg zu Sieg und wurde Meister.  Im April kam es zum Showdown zwischen unserem RWE (3.) und Dynamo Dresden (2.). Vor 9.000 Zuschauern (bis dahin Saisonrekord) spielte RWE ein tolles Spiel. Leider reichte es nur zu einem 0:0 Remis, wobei uns gleich mehrere klare 11 m verweigert wurden. Dort sind wir letztendlich um die 1. Bundesliga betrogen worden !! Aus den nachfolgenden 6 Spielen konnten wir mit 4 Siegen, einem Remis und nur einer Niederlage (Lok Leipzig) ) 9:3 Punkte holen und wurden Tabellendritter. Bereits am vorletzten Spieltag sicherten wir mit einem 0:0 in Jena die 2. Bundesliga (mindestens Platz 5) und am letzten Spieltag kam es zum erneuten Showdown um den UEFA Cup Platz zwischen unserem RWE und Stahl Brandenburg, die noch 4. werden konnten. 12.000 begeisterte Zuschauer pilgerten ins Steigerwaldstadion. Zuerst der Schock, die Gäste führten schnell mit 0:1, dann der Ausgleich durch Frank Dünger (R.i.P) und dann der 2:1 Siegtreffer durch Zbigniew Fabinski.  Nach dem Abpfiff gab es kein Halten mehr, die Tore wurden geöffnet  und die Zuschauer fluteten das Spielfeld - eine Episode am Rande. Wir stürmten aus der Kurve unter der großen alten Anzeigetafel auf den Platz - kurz vor dem Tor kam im hohen Bogen ein Ball auf uns zugeflogen, den ein Spieler in die Menge geschossen hatte. Mein alter Kumpel Hoff aus Nordhausen fing den Ball blitzschnell auf und wir ließen gemeinsam mit Hilfe eines Streichholzes die Luft aus dem Ball und "Hoffi" ließ ihn unter seiner Jacke verschwinden. Es handelte sich um den Spielball dieses legendären letzten DDR Oberligaspieles des FC RWE. Viele Jahre später übergab er mir den Ball für mein RWE Museum, wo dieser Spielball einen würdigen Platz gefunden hat.

Nun war diese legendäre Saison zu ende. RWE war 3. geworden und hatte sich direkt für die 2. Bundesliga qualifiziert und zusätzlich einen Startplatz für den UEFA Cup erreicht - unglaublich. RWE war der einzige Verein dieser letzten DDR Oberligasaison, der den Zuschauerschnitt gegenüber 89/90 steigern konnte. Insgesamt kamen zu den 13 Heimspielen 89.600 Zuschauer, im Schnitt immerhin 6892 Besucher. Auch damit hatte niemand gerechnet.  Wie sollte es weitergehen ? Die Mannschaft bleib in Großteilen zusammen, aber Stürmerstar Thomas Vogel verließ den Verein in Richtung Kaiserslautern. Bereits ein Jahr zuvor hatte man den Stürmer Uwe Weidemann an den 1. FC Nürnberg verloren. Entsprechender Ersatz wurde oder konnte nicht geholt werden. Auch damals erhielt unser Verein die Lizenz nur unter schwierigen Umständen. Die Vereinsführung war absolut unerfahren und es wurde versäumt den Kader zu verjüngen,  entsprechend zu verstärken und vor allem aufzufüllen. Man hatte schlichtweg zu wenige, gute Spieler. Die Ersatzbank war zu schwach. Viele dachten, für diese 2. Bundesliga wird es schon reichen, wir sind immerhin 3. geworden in der DDR Oberliga - 1. Liga !! ein Trugschluss wie sich zeigen sollte.

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